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Für mehr Netflix in Schule

Erstmal vorweg, die Nennung des Namens im Titel ist lediglich ein Catcher, um Aufmerksamkeit zu generieren. Dies ist keine Werbung für dieses Unternehmen. Es wird synonym verwendet und im folgenden von Streaming-Diensten gesprochen, die also auch Sky, Amazon Prime Video, Apple TV+, diverse öffentlich rechtliche Mediatheken und viele weitere, die ich nicht kenne miteinschließt


Was hat Kino und Netflix mit Unterricht zu tun? Ich will es als Parabel erzählen. 



Die Netflix-Parabel


Das Kino etablierte sich Mitte des 20. Jahrhunderts als Kunstform. Viele Menschen sitzen in einem Raum, lehnen sich zurück und lauschen und sehen den gleichen Film zur gleichen Zeit. Man darf nicht zu spät kommen, da man sonst einige Anwesenden stört, sich eventuell sogar noch an ihnen vorbeiquetschen muss. Irgendjemand ruft immer bei spannenden, langweiligen oder emotionalen Szenen dazwischen. Ein Handy anzuschalten ist verpönt. Die Luft ist schlecht, man sitzt die gesamte Zeit auf seinem Stuhl. Unterhaltungen werden von anderen kritisch beäugt oder sogar angemahnt. Inhaltliche Auseinandersetzung ist also erst am Ende des Films möglich. Wenn man auf Klo muss, verpasst man eventuell wichtige Szenen für den Ausgang des Filmes, darf aber nicht nachfragen (Kritische Blicke oder Ermahnungen, wegen des Gesprächs). Bei sehr langen Filmen gibt es eine Pause, der Zeitpunkt ist vorgegeben. Aber OK, Essen und Trinken ist erlaubt.


Seit ca. 10 Jahren sind Streamingplattformen auch in Deutschland immer beliebter. Man schaut allein oder in kleinen Gruppen, so kurz oder lang wie man will. Man kann stoppen, um auf Klo zu gehen, eine Pause zu machen oder über eine Szene intensiv zu quatschen. Vielleicht will man auch zu einem späteren Zeitpunkt weitergucken. Auch Zurückspulen und Überspringen von Szenen ist möglich. Niemanden stört der Gebrauch eines Second Screens. Wenn jemand später kommt, kein Problem. Man wartet halt einfach ein paar Minuten länger bis zum Beginn. Einzig die Luft könnte am Ende ähnlich schlecht wie die im Kino sein. Und der Bildschirm ist etwas kleiner, obwohl das heutzutage durch Beamer meist auch kein Faktor mehr ist.


Es zeigt sich folgendes Problem: Die heutige Streaming-Jugend wird die Hälfte des Tages ins Kino gesetzt. Man wundert sich, warum Kinder nervös zappeln, zwischendurch aufstehen, Inhalte langweilig finden, dazwischenrufen, irgendjemand wegen eines Handys ermahnt werden muss. 


Unterricht sollte mehr Netflix sein. Individueller, Lernpausen nicht vorgebend, Möglichkeiten zum Austausch bietend, auch wenn andere gerne schon weiter machen wollen. Es muss die Möglichkeit geben sich innerhalb kleiner Gruppen eigene Regeln des Lernens zu definieren. Schule sollte mehr Spielwiese sein und den Rahmen stecken. Was darin passiert sollte mehr in die Verantwortung der SuS gegeben werden.


Wird das Kino dadurch obsolet? Nein! Es ist eine Form, die Berechtigung hat, die viele auch nach wie vor anspricht und nutzen. Vielleicht sollten wir an Schulen Netflix mal eine Chance geben und mehr davon zu lassen!



Ein Nachtrag: Die Inhalte bei Kino und Netflix sind teilweise gleich, teilweise ähnlich. Aber Netflix bietet einen anderen Rahmen, diese Inhalte zu verarbeiten als Kino. Der Umgang mit den Inhalten liegt eher in der Verantwortung des Nutzers.

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